Ein Polster für die Tafel

Mittwoch, 06 Dezember 2023
Ein Polster für die Tafel

Immer weniger Lebensmittel landen bei der Tafel. Deshalb muss zugekauft werden. 1000 Euro pro Woche bräuchte Pfarrer MartinDubberke allein für die vier Ausgabestellen im Landkreis. Um ihm ein bisschen Luft zu verschaffen, fließt der Erlös der Tagblatt-
Weihnachtsaktion in Kooperation mit Mehrwert.Die Bürgerstiftung heuer an die Tafel.

5000 Joghurts im Kühlhaus – „das war ein richtiges Highlight“, erinnert sich Dubberke. Der G7-Gipfel auf Schloss Elmau entpuppte sich als absoluter Glücksfall für die Tafel im Landkreis Garmisch-Partenkirchen. Alles, was an den Versorgungsstationen
der Polizei und anderer Rettungsorganisationen übrig blieb, landete im Lager und im Kühlhaus an der Hindenburgstraße. „Wir konnten aus dem Vollen schöpfen“, betont der zuständige Ansprechpartner im Landkreis. Eine große Ausnahme. Die Zeiten, in denen die Menschen eine der Ausgabestellen – neben Garmisch-Partenkirchen gibt es Mittenwald, Murnau und Oberammergau – mit drei, vier vollen Tüten verlassen konnten, sind lange vorbei. „Heute können sie eine mitnehmen“, sagt der evangelische
Seelsorger. „Wir bekommen immer weniger Lebensmittel von den Supermärkten, die Situation ist prekär.“

Gut 330 Kunden, an denenim Schnitt drei bis vier Kunden hängen, nutzen die Tafel landkreisweit. Einige, die’s nichtmehr schaffen, zur Ausgabestelle zu kommen, werden beliefert. Um sie alle mit dem Nötigsten für eine Woche zu versorgen, bräuchte Dubberke 1000 Euro zusätzlich. Das passt allerdings nicht zu dem Anspruch, mit dem die Tafeln in Deutschland in den 1990er Jahren gestartet sind. Nicht alle Menschen können sich eine ausgewogene Ernährung leisten – und gleichzeitig werden Unmengen an Lebensmitteln verschwendet. Die Tafeln schaffen einen Ausgleich. Ziel ist es, so steht’s in der Präambel, qualitativ einwandfreie Nahrungsmittel, die im Wirtschaftsprozess nicht mehr verwendet werden können, an Menschen in Not zu verteilen. Dazukaufen ist tabu. Eigentlich.

Nachdemdie Supermärkte, die bislang größten Lieferanten für die Ausgabestellen, jedoch ihre Warenwirtschaft umgestellt haben, bleibt wesentlich weniger übrig. Die ungute Folge: „Im Vergleich zu früher habenwir nur noch ein Viertel bei der Ausgabe“, sagt Andrea Kaisersberger, die für die Logistik zuständig ist. Um die Familien und auch viele Rentner ausreichend zu versorgen, sind sie, Dubberke und das gesamte ehrenamtliche Team dringend auf Spenden angewiesen. „Gerade Obst, Gemüse,  Milchprodukte, Käse und Wurst fehlen uns“, sagt Kaisersberger. Auch ein Puffer für haltbare Lebensmittel wie Nudeln, Reis, Konserven, Tomatensoßen und Ähnliches sei hilfreich, ergänzt Dubberke.

Das Dilemma ist bei den Menschen angekommen. Davon zeugen die Aktion des Lions-Clubs, der mit zwei vollen Kleinbussen an der Hindenburgstraße vorgefahren ist, und viele weitere Gaben. Dafür ist der Pfarrer dankbar. Genauso für das Engagement
des Garmisch-Partenkirchner/Murnauer Tagblatts, das im Rahmen seiner Weihnachtsaktion zusammen mit Mehrwert.Die Bürgerstiftung für die Tafel sammelt. Und zwar explizit für den Kauf von Lebensmitteln.

Auch das ehrenamtliche Team an der Ausgabestelle belastet die Situation. „Frustrierend“ nennt es Kaisersberger für die 26 Männer und Frauen, wenn sie den Kunden nicht mehr so viel mitgeben können. Schließlich ist das Engagement für sie eine Herzensangelegenheit. „Für uns ist es immer schön, zu sehen, wie sich die Leute freuen.“ Das passiert auch, wenn es mal etwas Besonderes gibt. Blumen zum Beispiel bringen die Augen der Menschen mit kleinem Geldbeutel zum Leuchten. Oder die Schulranzen, mit denen 40 Erstklässler ausgestattet wurden. „Das war für die Familien wie Weihnachten, Ostern und Geburtstag an einemTag“, erinnert sich Dubberke.

Es sind solche Momente, die ihn und seine Mitstreiter entschädigen. Und ihnen wieder Auftrieb geben, um auch die Tage zu meistern, in denen die Ausgabestellen nur schlecht bestückt sind. Das soll sich aber mit Hilfe der Tagblatt-Leser ändern. Ihre
Spenden dienen dazu, die gut 330 Kunden, darunter viele, deren Rente nicht reicht, längerfristig mit ausreichend Lebensmitteln zu versorgen.